Wie sind Lagerhaltungskosten zu berechnen?

Wie sind Lagerhaltungskosten zu berechnen?
In vielen Unternehmen spielt das Lager eine zentrale Rolle. Dort liegen nicht nur Waren, um verbraucht, bearbeitet oder verkauft zu werden. Es entstehen auch Kosten. Diese können die Preiskalkulation der Waren deutlich beeinflussen und bei falscher Berechnung ein tiefes Loch in die Kasse reißen. Für Unternehmen ist es daher sehr wichtig, die Lagerungskosten bzw. Lagerhaltungskosten zu ermitteln und betriebswirtschaftlich zu optimieren. Doch, welche Kosten sind darin einzuschließen, welche Formeln gibt es und wie funktioniert das alles am besten?
 

Was sind Lagerkosten?

In vielen Unternehmen gibt es Kostenstellen für bestimmte Ausgaben. Das Lager ist in diesen Fällen eine davon. Der Vorteil bei diesem Vorgehen: Alle Ausgaben lassen sich direkt dem Lager zuordnen, was später eine betriebswirtschaftliche Betrachtung erleichtert. Es lassen sich aber auch unabhängig davon typische Kosten definieren, die bei der Vorratshaltung von Material und Produkten anfallen. Zu unterscheiden sind dabei fixe und variable Lagerhaltungskosten.

Die fixen Kosten umfassen unter anderem Posten wie:

  • Personalkosten,
  • Mietkosten,
  • Einrichtungskosten,
  • Energiekosten,
  • Abschreibungen.

Die variablen Kosten sind von verschiedenen Faktoren wie Art und Menge der eingelagerten Waren abhängig. Diese beinhalten unter anderem:

  • Versicherungen,
  • Verbrauchsgegenstände (Paletten, Verpackungsmaterial),
  • Transportkosten,
  • Ausschuss,
  • Reparaturkosten,
  • Zinsen (auf gebundene Warenwerte).

Häufig vergessen sind Overheadkosten. Dabei handelt es sich um anteilig umgelegte Kosten für Verwaltung, Software, Kfz-Flotte usw. In der Regel sind diese den Fixkosten zuzurechnen.

Alle anfallenden Positionen sind zusammenzurechnen, um die Gesamtkosten für die Lagerhaltung zu ermitteln. Die einzelnen Punkten kann das Unternehmen untersuchen und Einsparpotenzial erkennen und nutzen. Allerdings fließen in eine betriebswirtschaftliche Betrachtung mehrere Kennzahlen ein, die jede für sich Aufschluss über die Effizienz des Unternehmensbereichs geben können.

Lagerkostensatz und Lagerintensität

Bei der Beurteilung der Lagerhaltungskosten haben folgende Kennzahlen eine wesentliche Bedeutung: Lagerkostensatz und Lagerintensität. Der Lagerkostensatz ist eine Formel, um die durchschnittlichen Lagerkosten eines Einzelstücks an den Gesamtkosten zu errechnen. Die Lagerintensität ist eine Kenngröße für das im Lager gebundene Kapital (Warenwert) eines Unternehmens. Beide Größen sind wichtige Ansatzpunkte, um Kosten zu optimieren und ggf. zu reduzieren sowie die Lagerstrategie zu überdenken.

Der Lagerkostensatz liefert Kosten pro Stück

Eine wichtige Kennzahl für die Preisbildung von Produkten ist der Lagerkostensatz. Dieser basiert auf folgender Formel:

Lagergesamtkosten x 100 / durchschnittlicher Lagerwert = Lagerkostensatz in %

Das heißt: Die Gesamtkosten für das Lager werden mit 100 Multipliziert und durch den über das Jahr ermittelten durchschnittlichen Warenwert dividiert. Das Ergebnis wird in Prozent angegeben.

Zu den Lagergesamtkosten gehören alle dem Bereich zugeordneten Faktoren. Der durchschnittliche Lagerwert beinhaltet den Wert aller Waren, die das Unternehmen im Jahresdurchschnitt in diesem Bereich bereithält.

Daraus folgen zwei Merksätze:

  1. Je niedriger der Warenwert aller Produkte im Lager, desto höher ist der Lagerkostensatz.
  2. Je niedriger die Lagerkosten, desto geringer ist der Lagerkostensatz.

Der so ermittelte Prozentsatz lässt sich zur Optimierung der Lagerhaltung nutzen. Denn aus ihm leiten sich mathematisch Kosten pro Stück ab. Beträgt der Satz zum Beispiel 12,5 Prozent, entfallen auf ein Produkt, das selbst einen Wert von 200 Euro hat, Lagerkosten von 25 Euro (200 Euro x 12,5 / 100).

Die Lagerkosten pro Stück stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Preis des Produktes. Ein Gewinn ist nur dann möglich, wenn Beschaffung oder Herstellung unter Berücksichtigung aller weiteren Kostenfaktoren zuzüglich der Lagerkosten geringer sind als der Preis. Anders ausgedrückt: Die Lagerkosten sind preisrelevant und reduzieren den Gewinn.

Dieser mathematische Ansatz zeigt einerseits den Einfluss der Lagerhaltungskosten auf die Preisgestaltung. Andererseits ist er eine betriebswirtschaftliche Größe, die das Unternehmen  als Kostenfaktor im Blick haben muss.

Die Lagerintensität beschreibt die Kapitalbindung

Die zweite wichtige Kennzahl ist die Lagerintensität. Diese ist ein Hinweis darauf, wie viel Kapital des Unternehmens im Lager gebunden ist. Konkret beschreibt es den Wert des Vorrats (Warenwert im Lager) im Verhältnis zum Gesamtvermögen. Auch hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz. Die Formel lautet:

Vorratsvermögen x 100 / Gesamtvermögen = Lagerintensität in %

Diese Kennzahl ist besonders interessant für Unternehmen, die ein großes Lager haben, viele Produkte erzeugen oder besonders teure (wertvolle) Produkte herstellen. Denn jede Ware im Lager ist gebundenes Kapital. Die Lagerintensität sollte daher möglichst klein sein, damit die Waren nicht als „totes Kapital“ die wirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens einschränken. Als Richtwert gilt ein Satz von 10 bis 15 %. Alles darüber deutet auf ein vorratsintensives Wirtschaften mit entsprechend großer Kapitalbindung im Lager hin.

Ein vorratsintensives Wirtschaften beinhaltet nicht nur betriebswirtschaftliche Risiken. Denn es kann auch eine schlechte Lagerlogistik geben, die zu verlangsamten Auslieferungen oder aber zum Verderben von Frischwaren führt. Um die Lagerhaltung zu optimieren, kann es sinnvoll sein, alle Stellschrauben näher zu betrachten oder anhand des Quadratwurzelgesetzes über eine Optimierung der Anzahl der einzelnen Lager zu entscheiden. Eine unerwartet große Kennzahl der Lagerintensität ist dabei ein Auslöser für Überlegungen, Optimierungsschritte einzuleiten.

Lagerzinssatz, Lagerzinsen und Warenrotation

Eine weitere wichtige Kennzahl zur Betrachtung der Lagerstrukturen ist die  Warenrotation. Die Warenrotation ist ausführlich hier beschrieben. Sie gibt an, in welcher Frequenz die Waren ein- und wieder ausgelagert werden. Je schneller ein Vorrat von der Stellfläche abtransportiert wird, desto besser ist es für das Unternehmen.

In diesem Zusammenhang sind der Lagerzinssatz und daraus folgend die Lagerzinsen weitere relevante Größen, die in die Lagerhaltungskosten einfließen. Beides beschreibt die Kosten, die durch die Ware entstehen, weil sie nicht sofort verkauft oder verbraucht wird. Die Zinsen sind umso größer, je länger eine Ware als Vorrat bereitsteht. Stichwort ist auch hier: totes Kapital. Das heißt, die Vorratshaltung bindet wichtige Mittel, die an anderer Stelle nicht zur Verfügung stehen. Das drückt die Berechnung die Zinsen aus.

Der Lagerzinssatz als Basis

Um überhaupt die tatsächliche Summe der Lagerzinsen errechnen zu können, muss der Lagerzinssatz bekannt sein. Dabei orientiert sich die Betriebswirtschaft am jährlichen Basiszinssatz des Kapitalmarktes und setzt diesen zur durchschnittlichen Verweildauer in Tagen der Waren im Lager ins Verhältnis. Das beschreibt die folgende Formel:

Zinssatz x durchschnittliche Warenverweildauer / 360

Der Bankzinssatz wird also mit der durchschnittlichen Verweildauer der Waren in Tagen multipliziert und dann durch 360 (Tage, als Maß für das Jahr) geteilt. Das Ergebnis ist der Lagerzinssatz pro Tag.

Diese Kennzahl kann nun zur Berechnung der tatsächlichen Zinskosten der Waren herangezogene werden. Somit ist dieser erste Schritt nur eine Operationsgröße zur weiteren Auswertung.

Die Lagerzinsen als Kosten

Bringt das Unternehmen den Lagerzinssatz nun mit den Warenwert und der tatsächlichen Verweildauer zusammen, ergeben sich die tatsächlichen Lagerzinsen. Die dafür nutzbaren Formeln lauten:

a)     Lagerzinssatz x durchschnittlicher Bestand x Warenwert / 100 = Gesamtzinsen im Jahr

b)     Lagerzinssatz x Verweildauer x Warenwert / 100 = Zinsen pro Ware

Die erste Formel multipliziert den Lagerzins mit dem Warenwert und der Anzahl der im Jahr durchschnittlich vorgehaltenen Stückzahl. Das Ergebnis ist die Gesamtbelastung durch Zinsen für diese Warenart oder den gesamten Vorrat.

Die zweite Formel ist eine Einzelbetrachtung und errechnet die konkreten Zinskosten pro Einheit einer bestimmten Ware von Lagerein- bis Lagerausgang. Dazu multipliziert das Unternehmen den Zinssatz mit dem Warenwert und der Anzahl der Tage, die diese konkrete Ware im Lager vorrätig ist.

Anzumerken ist, dass es sich in beiden Fällen um einen virtuellen Buchwert handelt, denn die Kosten fallen nicht direkt an, sondern reduzieren nur den möglichen Cashflow des Unternehmens und schränken somit die wirtschaftlichen Aktivitäten ein.

Fazit: Viele Stellschrauben zur Optimierung

Unternehmen können durch eine optimale Lagerstrategie viel Geld sparen. Dabei sind viele Ansätze möglich. Die Fixkosten lassen sich ebenso reduzieren wie die variablen Kosten. Doch die vorgestellten Kennziffern für Lagerkostensatz, Lagerintensität, Lagerzinssatz und Lagerzinsen sind ebenfalls wichtige Stellschrauben zur Optimierung. Dabei muss es nicht immer um geringere tatsächliche Kosten gehen. Eine Verbesserung des Warenumschlags oder der Bearbeitung der Zu- und Abgänge sind ebenso effektiv wie eine schnellere Warenrotation. Wenn ein Unternehmen diesen Dreh- und Angelpunkt der Logistik effizient und günstig nutzen kann, schlägt sich das auf schnellere Lieferungen sowie günstigere Preise oder größere Gewinnmargen nieder.

Hinterlasse einen Kommentar