Ratgeber: Retourenabwicklung

Ratgeber: Retourenabwicklung
Retouren sind beim Versand- und Online-Handel eine fast schon automatische Folge. Ist eine Ware fehlerhaft, falsch oder beschädigt oder gefällt einfach nicht, folgt eine Rücksendung. Das gilt sowohl für den B2B-Bereich als auch für das Endkundengeschäft. Zugleich ist die Retourenabwicklung ein enormer Kostenfaktor, der je nach Warenart gemessen an Menge und Kosten einen erheblichen Anteil an allen verschickten Sendungen ausmachen kann. Wie lassen sich Kosten einerseits reduzieren und die Zufriedenheit von Kunden andererseits steigern? Welche Optimierungsmöglichkeiten haben Unternehmen bei der Retourenabwicklung?
 

Die Problemfelder im Retourenmanagement

Zum einen gibt es klare rechtliche Vorgabengegenüber Endkunden, zum anderen gehört es zum guten Ton bei einer Geschäftsverbindung, Waren zurückzunehmen. Doch die Rücknahme verursacht Kosten. Es beginnt beim Prüfen des Wareneingangs und der Ware selbst, reicht über die benötigte Lagerkapazität und den erforderlichen Personaleinsatz und endet beim Aussortieren nicht mehr verkaufbarer Ware und der Rückabwicklung in der Buchhaltung. Unternehmen sind gefordert, sich auf diese Herausforderungen so einzustellen, dass sie sämtliche Workflows optimieren, Kosten reduzieren und zugleich die Zufriedenheit bei ihren Kunden untermauern. Daher ist eine optimale Retourenabwicklung nicht nur innerbetrieblich, sondern auch strategisch von großer Bedeutung.

Zahlen zeigen Handlungsbedarf

Die Universität Bamberg hat Zahlen für das Jahr 2018 ermittelt. Demnach sendeten die Empfänger 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel zurück. Das entsprach einer Quote von mehr als 16 Prozent. Die durchschnittlichen Kosten pro Retoure lagen bei 20 Euro. Diese Zahlen zeigen eindeutig, dass Unternehmen beim Management von Rücksendungen über einen enormen Hebel zur Optimierung der Prozesse verfügen. Es gilt, Retouren zu vermeiden und zugleich den Arbeits- und Kostenaufwand so niedrig wie möglich zu halten.

Info: Die Retourenquoten können je nach Warenart deutlich abweichen. Eine Faustregel besagt: Die Quoten sind umso höher, je weiter die Ware am Körper getragen wird. Entsprechend müssen Bekleidungsanbieter mit den höchsten Retourenquoten rechnen.

Kennzahlen für das Retourenmanagement

Um die Belastung durch Warenrücksendungen zu erfassen, können Unternehmen drei Werte errechnen. Diese haben einen Einfluss auf die Entscheidungsfindung, an welchen Stellen eine Optimierung besonders sinnvoll ist.

  • Alpha-Quote: Hierbei wird die Anzahl der zurückgesendeten Pakete mit 100 multipliziert und durch die Zahl der verschickten Pakete geteilt. Daraus ergibt sich die Anzahl der Bearbeitungsfälle, die meistens gleichbedeutend mit Personaleinsatz ist.
  • Beta-Quote: Hierbei wird die Anzahl der retournierten Produkte mit 100 multipliziert und durch die Anzahl aller verschickten Produkte geteilt. Daraus ergibt sich eine Kennzahl, welche Artikel besonders häufig zurückgesendet werden. Die Quote gibt Ansatzpunkte, diese Produkte zu verbessern oder optimaler durch exaktere Informationen zu bewerben.
  • Gamma-Quote: Hier bei wird der Wert der zurückgegebenen Artikel mit 100 multipliziert und durch den Gesamtwert aller versandten Artikel geteilt. Daraus ergibt sich eine Umsatzbelastung durch Retouren. Zusätzlich ist jedoch zu beachten, dass teure Güter in der Regel bei einer Rücksendung den gleichen Aufwand wie günstige Artikel verursachen.

Lösungsansätze: So bekommen Unternehmen Rücksendungen in den Griff

Vor diesem Hintergrund bieten sich verschiedene Ansatzpunkte, um Kosten zu optimieren und die gesamte Abwicklung von Rücksendungen Stück für Stück zu verbessern. All das trägt zu geringeren Ausgaben und einem reduzierten Warenverlust sowie einer besseren Kundenbindung bei.

Schritt 1: Retouren vermeiden

Die beste Rücksendung ist keine Rücksendung. Das Unternehmen sollte daher den Bestellprozess optimieren und ein präventives Retourenmanagement auf den Weg bringen. Dabei sind drei Punkte von großer Bedeutung:

  1. Beim Einkauf oder der Produktion der Ware sollten Anbieter auf Qualität achten. Minderwertige Produkte lassen die Zahl der Rücksendungen in die Höhe schnellen.
  2. Zur Ware sollten alle wesentlichen Informationen ausführlich und mit Media-Dateien kombiniert abrufbar sein. Je klarer und verständlicher ein Produkt – und ggf. seine Varianten in zum Bespiel Farbe und Größe - beschrieben ist, desto unwahrscheinlicher sind Fehlkäufe.
  3. Die Ware muss den Transportweg unbeschädigt überstehen. Erstklassige Kartons und sinnvoll genutztes Füllmaterial schützen den Inhalt und tragen dazu bei, dass die Bestellung unversehrt beim Empfänger ankommt. Unternehmen sollten auch eine Sendungsverfolgung nutzen, um über den Verbleib der Ware informiert zu sein.

Ist dieser Punkt gegeben, reduzieren die die möglichen Rücksendungen deutlich. Unternehmen, die mangelhafte Informationen bieten oder die Ware nicht ausreichend sichern, müssen dagegen mit einem übermäßig großen Prozentsatz an Retouren rechnen.

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Zusätzlich ist es möglich, Retouren durch Kosten unattraktiv werden zu lassen. Unternehmen können auf Basis der gesetzlichen Regelungen eine Beteiligung oder eine Übernahme der Lieferkosten verlangen. Da viele Kunden sich bei einer Bestellung über diese Kosten informieren, kann so die Zahl der zurückgeschickten Pakete sinken. Diesen Punkt sollte jedoch das Unternehmen im Blick behalten, denn schlimmstenfalls droht hier parallel ein Rückgang von Bestellungen und damit Umsatz.

Tipp: Auch die Zahlungsmethode hat einen Einfluss auf die Quote. Kunden behalten die Ware häufiger, wenn sie per Vorkasse bezahlen müssen.

Schritt 2: Rücksendungen standardisieren

Rücksendungen sind unausweichlich. Selbst bei Top-Produkten und klarer Zielgruppe, gibt es immer Situationen, die eine Rückgabe bedingen. Das heißt für Unternehmen: Hier liegt Potenzial, diesen Arbeitsschritt zu standardisieren. Zum Beispiel ist dies mit einer klaren Regel umsetzbar. Diese beinhaltet eine Auflistung, wann und wie Kunden ein Produkt zurückgeben können.

Idealerweise fertigt das Unternehmen ein standardisiertes und downloadbares oder der Lieferung beigelegtes Retourendokument an. Denn dieses ist spätestens bei Wareneingang eine große Arbeitshilfe. Es könnte zum Beispiel neben den Kontaktdaten und einem Adressaufkleber (ggf. inklusive Codes für Portokosten), Rückgabegründe und weitere Punkte beinhalten.

Dadurch lassen sich im folgenden Schritt die Arbeitspunkte straffen und die Ergebnisse leichter elektronisch erfassen. Zusätzlich verringert sich die Zeit, in der die Ware unterwegs, aber nicht final verkauft ist. Das heißt: Die Ware steht schneller wieder anderen Kunden zur Verfügung.

Schritt 3: Wareneingang automatisiert unterstützt kontrollieren

Kommt es zu einer Rückgabe, muss das Unternehmen diese bearbeiten. Dazu gehört, den Inhalt auf Mängel und ggf. Rückgabegrund zu überprüfen. Es stellt sich die Frage: Hat der Kunde das Produkt fristgemäß, unversehrt und begründet zurückgeschickt. Je nach Kulanz können Unternehmen hier großzügig reagieren. Es bleibt in allen Fällen jedoch der Aufwand der Prüfung und bei Streit eine Frage des Nachweises.

Zu beachten sind die gesetzliche Vorgaben zu Widerruf und Rückgabe. Diese sind im Endkundengeschäft zwingend einzuhalten. Darüber hinaus sollten Unternehmen in Maßen kulant sein, um zusätzliche Kosten bei einer Auseinandersetzung mit Kunden zu vermeiden. Hier gilt es eine Mischkalkulation zu finden, die bereits in den Produktpreis einfließen muss. Sollte der Kunde jedoch nachweisbar die Ware beschädigt haben oder eine Rückgabe ohne rechtliche Grundlage anstreben, ist eine Einzelfallentscheidung ratsam.

Es ist unabdingbar, ein effizientes System zu schaffen, mit dem Rücksendungen zu prüfen sind. Die große Lösung wäre eine Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem, die Mindestanforderung eine Checkliste. In allen Fällen sollte anhand  von wenigen Kriterien zu erkennen sein, wie mit einem Produkt nach Rückgabe zu verfahren ist. Dabei spielen die Kundeninformation und eine Rückvergütung eine  zentrale Rolle. Idealerweise schafft das Unternehmen hier einen direkten Anknüpfungspunkt zwischen Wareneingang im Lager und Buchhaltung sowie Kundenservice. Ziel sollte sein, dass Lagermitarbeiter anhand klarer Kriterien einen automatisierten Prozess starten können.

Wichtig: An dieser Stelle entsteht erheblicher Aufwand mit entsprechendem Ressourceneinsatz als Folge. Experten halten die Eingangskontrolle für den wichtigsten Kostenfaktor bei der Retourenabwicklung. Daher gilt: Je automatisierter der Prozess ist, desto geringer sind die daraus entstehenden Kosten.

Schritt 4: Verbleib der Ware klären

Im Idealfall kommt das Produkt unversehrt zum Unternehmen zurück. In diesem Fall kann die retournierte Lieferung wieder eingelagert und in den Bestand übertragen werden. Eventuell muss jedoch zuvor eine technische Prüfung oder Reinigung erfolgen. Je nach Ware ist ein erneutes Verpacken in den Ablauf zu integrieren.

Doch ist die Ware zurecht als mangelhaft bewertet oder sichtbar abgenutzt, sind alternative Verwertungswege unabdingbar. Hier ist ein System zu schaffen, das automatisiert und ressourcenminimiert die Rücksendungen einer weiteren Verwertung als B-Ware, Rückgaben an den Hersteller sowie zur Entsorgung ermöglicht.

Schritt 5: Arbeitsplatz optimieren

Aus den vorangegangenen Punkten entsteht ein Prozess, der eine gewisse Anpassung des Arbeitsplatzes erfordern kann. Vom einfachen Werkzeug über eine geeignete Lagerverwaltungssoftware und den Zugriff auf relevante Schnittstellen bis zur Wahl geeigneter Verpackungs- und Regalsysteme besteht dabei die Möglichkeit, das Retourenmanagement auch im Lager und Büro zu optimieren und perfekte effiziente Arbeitsabläufe zu gewähren.

Kosten durch Retouren vermeiden und senken

Retouren belasten den Umsatz, erschweren die Prognose für die Warenrotation und erfordern einen enormen Ressourceneinsatz. Unternehmen sollten daher ihre Abläufe bei Bestellungen, Warenversand und Rücknahme überprüfen. Hier steckt viel Potenzial, um Retouren zu vermeiden und die Kosten durch eine straffe, standardisierte Behandlung von Rücksendungen zu minimieren. Die genaue Vorgehensweise hängt von den gegebenen Möglichkeiten ab. Allerdings lassen sich bereits mit kleinen Verbesserungen spürbare Erfolge erzielen.

Ressourcen

Zahlen zu Retouren der Universität Bamberg, Lehrstuhl für Produktion und Logistik: www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/fakultaeten/sowi_lehrstuehle/bwl_logistik/Dateien/Sonstige/BIP_Nov_2019_Brain.pdf

Ausführliche technisch-betriebswirtschaftliche Betrachtung des Retourenmanagements:
www.gvb-ev.de/fileadmin/pdfs/OptiRetour_Leitfaden.pdf

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